
Achtung! Wegen der Corona-Pandemie können sich die Daten unerwartet verändern.
Das generelle Thema Wirtschaft und Geschäft in Ungarn ist für alle Unternehmer und Manager, die auf irgendeiner Weise eine Geschäftsbeziehung mit Ungarn aufrechterhalten oder eine planen, von primärer Bedeutung.
Trotz alledem bedient man sich oft nicht von neutralen, zuverlässigen und aktuellen Infoquellen. Vor allem nicht, wenn man schon seit längerer Zeit über eine Niederlassung, ein Büro oder sonstiges Entity im Lande betreibt. Nachrichten-„Scherben“ aus der Presse, subjektive Meinungen und sogar gefilterte Berichte von lokalen Managern oder Small-Talks mit Bekannten können einen schnell in die falsche Richtung orientieren.
Objektive Infoquellen über die aktuelle Wirtschaftslage
Für deutschsprachige Entscheidungstreffer sollten die jeweiligen Handelskammern in Budapest die ersten und ständigen Ansprechpartner im Thema Wirtschaft in Ungarn werden. Die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer, das Advantage Austria oder das Swisscham stehen jedem gerne zur Verfügung. Daten über die aktuelle Wirtschaftslage und die Konjunkturerwartungen für Ungarn stehen immer zur Verfügung, da diese zur Kernkompetenz dieser Organisationen gehören.
Es werden regelmäßig Newsletter und Berichte über aktuelle Konjunkturdaten, Wirtschaftsaussichten, Wirtschaftsereignisse und ähnliche ausgegeben. Die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer veröffentlicht jedes Jahr in April einen umfangreichen Konjunkturbericht, die auf Befragung von Hunderten von Firmen aus allen Wirtschaftszweigen basiert.
Ergänzt mit den generellen Landesindizien ist dieser Konjunkturbericht jedes Jahr ein Leitfaden für alle deutschsprachigen Firmen. Der Bericht gibt sogar begrenzt Vergleiche zu zahlreichen Ländern im Mittel- und Osteuropa, da die Umfrage und Datenverarbeitung in den genannten Ländern gleichzeitig erfolgt. Ebenfalls essentiell sind die saisonalen Konjunkturberichte und sonstige Veröffentlichung aus der Infothek, die einen schnellen und zuverlässigen Überblick über die aktuelle Lage und eventuelles Geschäftsrisiko bietet. Das alles natürlich in deutscher Sprache und dem deutschsprachigen Publikum angemessen.

Wenn man detaillierte und top aktuelle Informationen braucht oder dafür Interesse hat, sollte man das Zentralstatistische Amt (KSH) online besuchen. Auf den ersten Blick sieht das System sehr verwirrend aus, die Menge der Daten sind hinreißend, die Struktur für einen Ausländer vielleicht gar nicht so einfach zu verstehen.
Nach etwas Surfen kennt man sich aber bald gut aus. Das Amt hat leider kein deutschsprachiges Service, auf Englisch sind aber alle Daten und Analysen zu finden. Die Daten sind zuverlässig, folgen der Struktur und Darstellung der EU-Standards. Seine periodischen Veröffentlichungen werden vor allen von der Presse sofort aufgegriffen und ja nach Geschmack kommentiert.
Die sechs wichtigsten Grunddaten für die Konjunktureinschätzung in Ungarn
Die folgenden primären Grunddaten signalisieren praktisch auf Tagesbasis die aktuelle Wirtschaftslage und geben auch die ersten Informationen über die Konjunkturerwartungen für die ungarische Wirtschaft an.
Die sechs Daten haben für alle Geschäftszweige einen universellen Orientierungscharakter inne, geben aber natürlicherweise keine industriespezifischen Details, die aber mit etwas Nachforschungsarbeit bei dem Zentralstatistischen Amt (KSH) auch zu finden sind. Für einen ausländischen Geschäftsmann sind diese Fakten und Verläufe die objektiven initialen Signale über Lage, Veränderung und sogar Risiko.
Aktuell (aktualisiert am 17.02.2020.) sehen die Grunddaten laut dem Zentralstatistischen Amt (KSH) wie folgt aus.
Bruttoinlandsprodukt
Der aktuelle Wert aus Q2 2021 liegt bei + 17,8 %.
Diese Zahl gibt an die Veränderung zur derselben Periode von Vorjahr. Der Wert ist wegen COVID natürlicherweise wiit über der Normalität und ist in Betracht auf die Zukunft auch selbst mit Vorsicht zu genießen. Q3 wird warscheinlich gemässigter. Ebenfalls ist der Wertverlust von HUF zu berücksichtigen.

Industrielle Produktion
Der aktuelle Wert aus 08 2021 liegt bei + 2,6 %.
Über die Zahl würden sich aber viele Länder freuen. Die Daten sind von den Preisänderungen bereinigt. Relativ wenig Arbeitsplätze hat man in der Industrie gestrichen und ausser der Automotiv-Industrie hörte man auch keine negetive Stimmung . Die Kennziffer bezieht sich gleichfalls zu derselben Periode des Vorjahres. Wegen COVID generell ist die Zahl doch mal mit Vorsicht zu betrachten.

Arbeitslosigkeitsrate
Der aktuelle Wert aus 08 2021 liegt bei 4,0 %.
Mit 4,0 % sind theoretisch die Reserven an Arbeitskräften praktisch erschöpft. Es gibt zwar geografische Unterschiede, die generelle Aussage gilt. . Die Detailinformationen je nach geographie und Arbeitsnehmerkategorie sind für eine Standortentscheidung elementar. Nach einem Höchstwert von 11,9% von Q1 2012 hat sich die Arbeitslosigkeit Schritt für Schritt erstmal bis Ende 2019 um 3,0 % stabilisiert. Zu diesem Ergebnis tragen die im Ausland beschäftigten sowie die Leute aus der sog. gemeinnützlichen Arbeit auch bei. Jetzt werden wir mal sehen, ob die erwähnte Rekordrate durch „Restart Ungarns“ wieder zu erreichen wäre.

Beschäftigungsrate
Der aktuelle Wert aus 08 2021 liegt bei 73,9 %.
Diese hohe Zahl für die Bevölkerungsgruppe von 15 bis 64 Jahren korrespondiert mit der Arbeitslosigkeitszahl und ihrem Trend. Viele Reserven an Arbeitskräften gibt es nach wie vor wenig. Einschaltung neuer Arbeitsnehmergruppen scheitert oft an Qualität. Versteckt und unter dem Teppich werden Gastarbeiter reingeholt.

Bevölkerung
Der aktuelle Wert aus 2021 liegt bei 9,7 Million.
Trotz den Maßnahmen seitens Regierung in Richtung finanzieller Unterstützung junger Familien zwecks Erhöhung der Geburtsrate, scheint die Verminderung der Bevölkerung kaum gestoppt werden zu können. Dazu kommen noch etwa 500 – 600 Tausend Bürger, die z. Z. im Ausland ihr Glück suchen. Allerding kamen auch viele zurück (vor allem provisorisch wegen Corona) und warten auf die Stabilisierung der Verhältnisse im Westen um dann zu den alten Jobs zurückkehren zu können. Leider hat die COVID-Kriese auch schwere Spuren mit über weit 30 000 Opfer hinterlassen.

Inflation
Der aktuelle Wert liegt in 09 2021 bei 5,5%.
Selbst ein Schreck und noch dazu aber die Bevölkerung hat ein ganz anderes Gefühl. Nach Umfragen signalisieren die Bewohner gefühlsmässig eine Rate um 10%. Der Unterschied kommt nicht unbeding durch Fälschung der Statistik sondern aus den Wichtung innerhalb des Korbes. Nach langen Perioden mit sehr niedrigen und stagnierenden Werten steigt die „Alltags“-Inflation dynamisch. HUF wurde stark abgewertet, die Folgen kommen.

Wirtschaftsaussichten
Es sind zahlreiche Studien über die Wirtschaftsaussichten zu finden. Größtenteils von ungarischen Instituten, Universitäten, Kammern und ähnlichen. Ebenfalls sind Berichte ausländischer Forschungsinstitute aus Deutschland und Österreich zugänglich. Man kann zwar nicht sagen, dass diese Berichte einfach aus dem Glaskugel stammen, das wäre keine korrekte Einstellung, sind doch alle Vorhersagen mit einem bestimmten Unsicherheitsfaktor versehen. Je weiter man in die Zukunft schaut, desto weniger können Geschäftspläne auf Konjunkturvorhersagen basieren.

Was wissen wir über die Zukunft der deutschen Autoindustrie? Wie können wir solche Epidemie vorhersehen, wie Z. Bsp. die mit dem Coronavirus? Wie entwickelt sich der Turismus? Wie kann man mittelfristig die Entwicklung der europäischen Politik oder das Verhalten einiger polarisierten Staaten in Europa vorhersagen? Über die wirtschaftspolitischen Spiele von den USA und China gar nicht zu sprechen.
Trotz alledem sieht die aktuelle Konjunkturlage in Ungarn, aber auch in den angrenzenden osteuropäischen Staaten, im Grunde genommen nicht schlecht aus. Im Vergleich zu vielen Regionen der Welt, sind sie ausgesprochen in guter Form. Der Konsum wächst, die Investitionen liegen/lagen auf einem hohen Niveau, die Umstrukturierung der Supply Chains signalisieren eher eine gute wirtschaftliche Perspektive.
Dank den westlichen Investoren und den Förderfonds der EU, wurde in den letzten Jahrzehnten eine starke Industriekultur ausgebaut. Zahlreiche einheimische Zulieferanten sind technisch, organisatorisch und auch managementmäßig zu der Aufgabe qualitätsbewussten Zulieferanten der westlichen Industrie gewachsen.
Es kann nicht mehr nur über kapitalschwache Firmen gesprochen werden. Vor allem in der Industrie und dem Großhandel findet man Unternehmen, die fähig geworden sind westeuropäische Firmen zu kaufen oder durch direkte Investitionen im Ausland ihre Tätigkeiten und/oder ihren Markt zu erweitern. Der Mittelstand hat sich größtenteils stabilisiert.
Eine Weltkrise wie gerade erlebt trifft sicherlich auch die ungarische Wirtschaft schwer, wären aber gemässigte Störungen in der europäischen Konjunktur keine Geschichte über „Leben oder Tod“ mehr. Die Risikofaktoren dürfen trotzdem nicht außer Acht gelassen werden.
Risikofaktoren
Das Thema würde zu weit führen, einige Faktoren sollten doch kurz erwähnt und behandelt werden.

Eine Weltwirtschaftskrise
Heute erleben wir eine mögliche Weltwirtschaftskrise wenn auch eine andere Art wie in den Jahren ab Herbst 2008. Lokale Probleme können auf ganze Regionen Einfluss haben, ein globaler totaler Zusammenbruch ist aber nicht in Aussicht. Wenn die ungarischen Wirtschaftsteilnehmer ihre Flexibilität behalten, brauchen sie keine große Angst zu haben.
Währungsrisiko
Ungarn gehört nicht zu der Euro-Zone. Hat‘s auch nicht vor. Sogar an dem Grundgesetz ist die Währung Forint fix verankert. Die Frage Euro versus Forint ist heute mehr eine reine politische als eine wirtschaftliche Frage. Die ständige spontane Abwertung scheint zwar den exportorientierten Firmen vorteilhaft zu sein, kommt es aber im Grunde genommen keinem zu Gute. Vor allem nicht den Firmen, die voll auf Importe angewiesen sind. Auch Kapitaltransfer in Form von Dividenden leiden darunter. Die Jahresplanung und das Controlling werden dadurch ebenfalls erschwert.
Arbeitskräfte, Fachkräftemangel
Ein Bevölkerungsrückgang ist zu verzeichnen. Die Gesellschaft wird älter, die Geburtsrate wächst nicht und die jungen Leute fangen immer später an berufsmäßig aktiv zu werden. Die Besten verlassen das Land, oft endgültig und suchen ihr Glück im westlichen Ausland.
Die diversen Tests über den Ausbildungsgrad der jungen Generation zeigt von Jahr zu Jahr ein immer unzufriedenstellenderes Bild. Das ungarische Bildungssystem hat riesige Probleme. Die Verfügbarkeit an Fachkräften für die Industrie und den Handel ist der kritische Punkt. Das kann die qualitative Entwicklung am meisten hindern.
Nicht viel einfacher ist es im Bereich der Führungskräfte erster, zweiter und dritter Ebene.
Generationswechsel bei Familienunternehmen
In Ungarn werden fast alle Familienunternehmen gleichzeitig mit der Problematik des Generationswechsels konfrontiert. Man sieht schon heute, dass dies bei der Mehrheit der Firmen familienintern nicht zu realisieren ist. Dies bedeutet ein großes Risiko für alle Kunden und Lieferanten und letztendlich auch für die ganze Volkswirtschaft.

Politisches Risiko
Über politisches Risiko versteht man heute primer das Risiko in Verbindung mit den Strömungen und Änderungen innerhalb der Europäischen Union. Die EU hat viele Herausforderungen gleichzeitig und manche Länder erschweren den Konsens. Die Zusammenarbeit der 27 Länder ist nicht unproblematisch.
Die diversen und zum Teil sehr markanten politischen Debatten über das Budget 2021-2027 können leicht dazu führen, dass die Verteilung der Förderungsfonds zulasten der neuen Staaten finalisiert wird und dadurch die einheimische Wirtschaft leidet. Den so eventuell entstehenden politischen Wirbel kann keiner vorhersehen.
Häufig Gestellte Fragen (FAQ)
Die gesamte deutsche Autoindustrie besitzt in Ungarn essenziell wichtige produktive Herstellstandorte.
Für zahlreiche deutsche Firmen ist Ungarn ein wichtiger und wachsender Markt.
Etwa ein viertel der ungarischen Wirtschaft wird von deutschstämmigen Firmen getätigt.