Deutsche oder deutschsprachige Unternehmen mit Standort in Ungarn bilden die Mehrheit der ausländischen Investoren des Landes. Egal ob man über die hohe Zahl der Standorte, den Anteil an Bruttoinlandsprodukt oder die Anzahl der Beschäftigten spricht.
Vor allem sind es Industrieunternehmen, die in der Fertigung ihr Glück suchen und meist auch finden. Oft sagt man, dass sie praktisch „verlängerte Werkbänke“ mit ihren Standorten seien und einfache Arbeitsaufgaben ausführen wie Montage etc. Diese Aussage gilt immer weniger.
Die Rolle und Zahl der Unternehmen, die hierzulande einen wichtigen Anteil ihrer Forschung- und Entwicklungsaktivitäten ansiedelten oder gerade auch schon High-Tech-Fertigung praktizieren, sind stark im Wachsen. Ungarn ist heute – dank vor allen den Industrieunternehmen aus dem deutschsprachigen Raum – ein hochindustrialisiertes Land geworden.
Die bekanntesten und populärsten Fälle sind natürlicherweise die Autohersteller wie Audi (https: https://www.audi-mediacenter.com/en/gyoer-hungary-207 //www.audi.hu/), Mercedes Benz (https://media.daimler.com/marsMediaSite/de/instance/ko/Ungarn—Kecskemt.xhtml?oid=9265710) , Opel (https://int-media.opel.com/en/taxonomy/term/5731) und bald auch BMW (https://www.press.bmwgroup.com/deutschland/article/detail/T0283624DE/bmw-group-erweitert-produktionsnetzwerk-in-europa?language=de), die fertige Pkws von Ungarn aus an allen Ländern der Welt liefern und um ihr herum ein großer Schwarm von Zulieferer zu finden sind.
Über die Industriefirmen hinaus sind aber alle Branchen breit vertreten. Es sind reichlich Dienstleister aller Art zu finden, die oft ein kleines deutschsprachiges Industrieland in sich bilden und in einem bedeutenden Teil die Industrietöchter aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz bedienen. Dazu gehören Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfer, IT-Dienstleister, Marketingagenturen, Berater, Immobilienmakler, Firmen für Schulungen, Personalberater, Leiharbeiterprovider aber auch SSC-s und ähnliche. Es fehlen wahrscheinlich die Lobbyisten auch nicht.
Eine andere Kaste bilden die Finanzinstitute wie Banken, Versicherungen, Makler und diverse Finanzdienstleister.
Und letztendlich darf man die zahlreichen Spieler im Handel, wie u.a. Vertriebstöchter, Handelsvertretungen, freiberufliche Agenten und ähnliches nicht außer Acht lassen, da dies Gruppe wirklich das ganze Land bis zu allen Ecken „bearbeiten“.
Früher oder später werden sich alle mit der Problematik der Standortfrage konfrontieren müssen, die ein primäres Erfolgskriterium wurde.
Warum ist die Frage Standort für die Industrie in Ungarn so komplex und schwierig geworden?
Anfang der Neunziger Jahre wo die ersten Pioniere – vor allem aus dem Handel und der Industrie Fuß fassten, lag alles auf der Hand. Die Industrieunternehmen nahmen sofort beim Beginn an der Privatisierung teil. Sie erworben meist Mehrheitsanteile in staatlichen Industriefirmen oder kauften die gleich voll aus. Zweck des Privatisierungserwerbes war teils den Binnenmarkt damit mitzukaufen, teils die Fertigung unter niedrigen laufenden Kosten zu erweitern und manchmal war natürlich das perspektivische Wachsen des Immobilienwertes auch eine Lukrativität. Damit war die Standortsfrage eigentlich erledigt. Der Standort war gegeben, wo und wie der war. Erst bei der Erweiterung der Fertigung tauchte die Frage wieder auf.
Aber nicht alle Industriefirmen nahmen an der Privatisierung teil. Diese mutigen Firmen beuten unmittelbar nach der Wende auf der grünen Wiese. Wo die eben dachten, am Rande der Städte, gelegentlich von Wohngebieten umrandet, weit weg auf der Puszta…, überall wo man günstig Land und Infrastruktur fand. Damals entstanden auch zahlreiche mittelständischen Firmen an der Grenze zu Österreich. Auch das große Opel Werk in Szentgotthárd selber.
Vor 28- 30 Jahren schien diese Option für risikolos, auch schon, weil diese Standorte auch aus dem Westen wegen der geografischen Nähe leicht zu managen waren. Unter den heutigen Bedingungen scheint es völlig unglaublich, dass zu den Entscheidungsfaktoren auch die Nähe zu Wien eine wichtige subjektive Rolle spielte, wo viele Manager lieber zu Hause fanden und gerne eher täglich nach Ungarn pendelten. Von Flughafen Schwechat gar nicht zu sprechen. Die Subjektivität war aber oft woanders auch zu spüren.
Diese Zeiten sind aber vorbei. Die Situation ist völlig anders geworden.
Situation heute
Das Land Ungarn ist voll mit Standorten industrieller Produktion. Weiße Flecken gibt es kaum mehr auf der Landkarte. Die Entscheidungskriterien sind ebenfalls systematisiert, total frei von subjektiven oder Bequemlichkeitsfaktoren. Entscheidend sind die folgenden.
- Nahe dem Markt, vor allem bei Zulieferanten für die Autohersteller.
- Infrastrukturelle Gegebenheiten, Transportwege. Neuinvestitionen gehen fast ausschließlich an Industrieparken.
- Verfügbarkeit von Arbeitskräften, die heute kritisch geworden ist.
- Lokale oder EU-Förderprogramme, finanzielle und Steuerbegünstigungen.
Bei Investplanen ist die staatliche Agentur für Unterstützung ausländischer Investitionen, die HIPA (www.hipa.hu/main ) eine gute Konsultationsstelle, die wirklich effektiv und sehr praktisch auch bei der Standortfrage behilflich sein kann. Aber auch die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer (www.ahkungarn.hu ), die offizielle Stelle der österreichischen Wirtschaft im Ausland, d.h. das Advantage Austria (www.advantageaustria.org ) oder das Swisscham aus der Schweiz (www.swisscham.hu ) sind gute Anlaufstellen.
Bei der Auswahl der Standorte und bei Neuinvestitionen kann der Einsatz eines lokalen erfahrenen freiberuflichen Managers auf Zeit, – „des Mannes der ersten Stunde“ – viel helfen und vor allem Risiko und Kosten unter Kontrolle halten.
Die Infrastruktur ist fast überall zufriedenstellend und ist damit auch der Faktor Marktnahe innerhalb des Landes keine oberste Priorität mehr. Transportwege, sei es die Bahn oder die Autobahnen ermöglichen eine schnelle und problemlose Zugänglichkeit zu den möglichen Standorten rund um das Land Ungarn.
Bei Industrieinvestitionen ist die Verfügbarkeit von Arbeitskräften der kritische Punkt geworden.
Sinkende Zahl der Bevölkerung, Auswanderung, innere Migration, Abneigung von monotonen Fließband-Jobs, unzureichende Ausbildung und mehr machen den Managern bei einer ungeschickten Standortauswahl das Leben schwer. Bei der Standortentscheidung ist der Faktor Arbeitskraft entscheidend geworden. Die Entscheidung hängt davon ab, welche Art von Arbeitskräften benötigt wird.
Bei der Industrie geht es sowohl um geschulte Spezialisten mit technischer und kaufmännischer Ausbildung als auch um Mitarbeiter mit Arbeitskultur industrieller Produktion. Die beiden stehen oft gleichzeitig nicht zur Verfügung oder sind beide durch intensive Schulungen auszubauen.
Höchste Vorsicht und gründliche Vorrecherche ist nicht umzugehen.
Wenn es bei Neuinvest um Fördergeld geht, wird die Standortfrage naturgemäß noch komplizierter. Durch die Förderung werden in den meisten Fällen Gebiete angezielt, wo die allgemeine wirtschaftliche Umgebung unterentwickelt ist und über eine industrialisierte Arbeitskultur kaum zu sprechen ist. Nach Statistik stehen zwar freie Arbeitskräfte zur Verfügung, mit der Sozialisierung wird es aber harte Probleme geben. Das anlockende Fördergeld kann dann schnell zu einer Enttäuschung führen.
Anders ist es im Falle von High-Tech-Invest. Vor allem, wenn die Investition auch eine Pressesensation sein könnte, kann man auch im Raum der großen Ballungsgebiete Chance haben. Hierfür ist die Frage Arbeitskraft auch weniger ein Problem, da für High-Tech auch die qualifizierten Mitarbeiter gerne wechseln.
Anders ist die Standortentscheidung für Dienstleister, Finanzinstitute und den Handel.
In den genannten Brachen sieht die Frage des Standortes in Ungarn etwas anders aus. Es geht hier nicht um schwere körperliche Arbeit oder spezielle handwerkliche Fähigkeiten, die man heute sehr knapp hat. Diese Firmen können ihre Zukunft auch perspektivisch in den Zentren der Ballungsgebiete planen. Aller Art von Bürohäusern stehen zur Verfügung. Von Glaspalasten bis hin zu Büros mit Lager sind gute Standorte relativ leicht zu finden. Auch das Personal ist kein gravierendes Problem. Nicht viel anders als in den Ländern der Investoren. Die Qualität und Verfügbarkeit ist nur eine Frage des Geldes.
Generell sind vor allen Entscheidungen bezüglich Standorte gründliche Recherchen zu führen und vor der Entscheidung auch perspektivisch zu denken. Ungarn bietet den Investoren immer noch vorteilhafte Standorte.
Häufig Gestellte Fragen (FAQ)
Als erstes Kontakt zu der Handelskammer (AHK Ungarn) und der ungarischen staatlichen Investagentur.
In der letzten Zeit sind vor allem Fachkräfte in den meisten Gebieten knapp geworden. Grösste Vorsichtist bei Standortentscheidungen erwünscht.
Ja, Ungarn ist ein hochindustriealisiertes aber noch günstiges Land geworden, somit findet man eine entwickelte Betriebskultur und gute Bedingungen für die Industrie.