Wenn Sie eine Produktionsfirma, eine Gesellschaft für Vertrieb oder eine Firma mit Dienstleistungscharakter in Ungarn haben, brauchen Sie sicherlich einen leistungsfähigen Geschäftsführer oder Prokurist. Das ist leicht gesagt, ist aber genauso schwer zu realisieren wie überall sonst. Man spricht nicht gerne über Personalproblemen, vor allem nicht, wenn es um die Top-Führungsebene geht. Damit ist aber das Problem nicht gelöst.
Brauchen Sie überhaupt einen oder eine aus Ungarn?
Wenn es um deutschsprachige Firmen geht, begegnet man nicht selten der Auffassung, dass die Aufgabe besser mit einem Expat zu lösen sei. Ein Expat kennt sich in der Firma gut aus, kennt alle wichtigen Leute, braucht nicht eingeschult zu werden, ist auch zuverlässig und könnte vielleicht auch unproblematisch in der Konzernzentrale ersetzt werden.
„…Er sei ein guter Kerl…, warum denn nicht er?…“ Es hört sich einfach an. Problem angeblich erledigt. Stimmt aber nicht!
Den Mittelstand trifft das jedenfalls zu. Ausgenommen die großen multinationalen Konzerne, wo die Tätigkeit sehr komplex und sehr stark mit den anderen Töchtern vernetzt ist, ist das Delegieren eines Top-Managers aus dem Heimatland nach Ungarn nicht optimal. Wegen dem Ausmaß und der Wichtigkeit des Tochterunternehmens werden bei den Großkonzernen meistens sowieso mehrere Geschäftsführer eingesetzt, glücklicherweise darunter aber auch einen oder mehreren einheimischen.
Beim deutschsprachigen Mittelstand ist die Aufgabe erfahrungsgemäß weniger komplex, ein oder zwei Geschäftsführer reichen. Die Zuständigkeiten zu definieren ist auch nicht weiter problematisch. Das Pro und Kontra könnten beim Mittelstand wie folgt gegenübergestellt werden:
Geschäftsführer aus Ungarn gegenüber Expatlösung
Dafür:
- Die freie Möglichkeit den Geschäftsführer mit dem theoretisch idealen sozialen und Ausbildungshintergrund zu wählen.
- Kenntnisse über das lokale Rechtssystem, insbesondere das Gesellschaftsrecht, das Arbeitsrecht, die Art der Rechtsverfahren und die Gerichtsvollziehung sowie die lokalen Rechtvorschriften der Gemeinden.
- Direkte und flexibel angepasste Kommunikation mit den Angestellten.
- Verhandlungsvorteile Richtung einheimischer Lieferanten und Kunden, resultierend aus globalen und spezifischen Marktkenntnissen.
- Keine Fehlschritte wegen Maßnahmen, die kulturfremd sind.
- Im glücklichen Falle ein breites Netzwerk in Ungarn, worauf man immer zurückgreifen kann.
- Nach der Einarbeitung meist mehr Effizienz durch lokale Durchsetzungskraft.
- Günstiges Kompensationspaket.
- Keine extra Expatkosten und kein Expatpaket, was an der Kostenstelle der Geschäftsführer in bestimmten Fällen sogar eine höhere Summe bedeuten könnten als das Entlohnungspacket selber.
- Keine komplizierte Steuer- und Sozialversicherungsdilemmata und Lösungen.
- Keine spezielle Arbeitsrechtsfragen.
- Kein Familienrisiko.
- Keine Personalaufgabe, den Expat in seiner Originalposition zu ersetzten und dann später wieder einzugliedern.
Dagegen:
- Bei einem neuen Unbekannten besteht immer ein Persönlichkeitsrisiko. Dies trifft aber generell alle neu angestellten Führungskräfte im In- und Ausland. Das ist kein ungarnspezifischer Risikofaktor.
- Einschulungsbedarf inkl. Ausbau von inner- und außerbetrieblichen Netzwerken, ev. Branchenkenntnissen.
- Eventuelle Verständigungsprobleme bezüglich innenbetrieblichem „Slang“, Sitten, Abläufe und der Sprache selber. Oft werben die Firmen mit Englisch als Konzernsprache, es funktioniert aber im Alltag oft lückenhaft oder nur oberflächlich.
- Eventuell ausgeprägte politische Bindung, keine Neutralität, die zu internen und äußeren verdeckten Spannungen führen könnte.
- Braucht von vorherein mehr Vertrauen.
Es ist ersichtlich, dass die Kontras eher aus dem subjektiven Bereich stammen. Das ist unter anderen der Punkt, warum eine gründliche und objektive Personalsuche unentbehrlich ist. Hierbei können – nicht überraschungsweise – auch die folgenden Stellen behilflich sein:
- Die Personalberater im Lande, vor allem die deutschorientierten.
- Die Bekannte aus befreundeten Firmen in Ungarn.
- Die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer (www.ahkungarn.hu), die offizielle Stelle der österreichischen Wirtschaft im Ausland, d.h. das Advantage Austria (www.advantageaustria.org ) oder das Swisscham aus der Schweiz (www.swisscham.hu ). Oft vergisst man diese Anlaufstellen, die aber sehr gerne auch in Fragen Personal zur Verfügung stehen. Vor allem kennen diese Stellen eine Reihe von gut gebildeten, erfahrenen und vor allem zuverlässigen möglichen Führungskräfte, die gerade frei sind oder mal einfach nur einen geheimen Tipp geben können.
- Und im Falle von einem dringendem Lösungsbedarf natürlich auch die Dienstleister für Vermittlung von Managern auf Zeit oder die unabhängigen freiberuflichen Interim Manger, die sogar durch LinkedIn oder Google leicht zu finden sind.
Die Motivation für einen einheimischen Top-Führungskraft bei einer Firma mit ausländischem Sitz und internationaler Aktivität ist ausgeprägter. Denken wir nur daran, dass vor allem junge Manager dadurch auch eine internationale Karriere erwarten können. Vielleicht weniger bei den Firmen des Mittelstandes aber immer hin. Zu internationaler Karriere zählen auch die Teilnahme an zentralen Gremien, an Gesamtkonzernmeetings oder eine regionale Verantwortlichkeit u.v.m… Das ist das, was einen enorm hohen Motivationsschuss geben kann.
Dagegen haben die Expats oft die Sorge im Kopf darüber, was nach der Rückkehr passiert, welche Position und von welcher Wichtigkeit gerade angeboten wird. Der Unterschied ist gravierend.
Gibt es ausreichend Kandidaten?
Die Antwort ist ein eindeutiges Ja. Dieses Ja ist aber mit Vorsicht zu genießen. Auf dem Gebiet Ausbildung gab es auch früher keinen Engpass, wenn es über einen technischen oder einen kaufmännischen Abschluss ging. Unter der Qualität der Abschlüsse gibt es relativ große Differenzen. Das Problem Sprache ist mittlerweile auch nicht mehr so ausgeprägt wie früher. Allerdings Deutsch ist nach wie vor nicht selbstverständlich und sprechen verhältnismäßig immer weniger die Sprache. Auch wenn Englisch die offizielle Konzernsprache ist, wird Deutsch für den praktischen Alltag empfehlenswert. Dies soll man gründlich überlegen.
Die Auswahlkriterien der einheimischen Geschäftsführer in Ungarn
Die Auswahl und der dazu führende Weg richten sich natürlich der aktuellen Situation nach. Geht es um einen „Mann der ersten Stunde“? Oder eher um einen, der die ausgereiften Prozesse gut und zuverlässig durchführt, also um „einen braven Offizier“? Oder steht man vor großen Investitionen? Eventuell befindet sich die Firma in der Talsohle und braucht man Kreativität und Schwung? Im schlimmsten Falle geht es Richtung Abbau? Für jede Aufgabe sind andere Eigenschaften notwendig. Ein sehr guter Manager hat natürlich immer seine spezifischen Stärken, kann aber auch in den anderen Fällen Effizienz und Durchsetzungsfähigkeit aufweisen.
Nie für eine momentane Aufgabe die langfristige Führungskraft erster Ebene suchen. Ein universell einsatzbarer, schlagkräftiger einheimischer Manager bringt auf Dauer mehr.
Die richtige Herausforderung steckt in der Qualität der Führung. Wie wird der Geschäftsführer den Menschen führen, wie kann er strategisch denken, welchen Verhandlungsgeschick besitzt er, wie werden Problemfälle erkannt und wie ehrlich und offen werden sie dargestellt und wie die gelöst? Auf diese Fragen geben die Controlling-Berichte und die Business Reviews auch nach Jahren oft keine Antwort. Weder in Ungarn noch wo anders.
Die vielseitige Einschaltung der genannten Hilfestellen, wie Personalberater, Handelskammer, befreundete Firmen und noch vieles mehr können zur richtigen langfristigen Entscheidung führen.
Diese Stellen kennen sich in Ungarn aus, haben Erfahrungen und Bekanntschaften, können und sollen angesprochen werden.
Häufig Gestellte Fragen (FAQ)
Ja, grösstenteil identisch, vergleichbar.
Nein, leider genauso schwierig wie in Deutschland, Österreich oder der Schweiz.
Langfristig eindeutig eine lokale Lösung mit internationalen Erfahrungen.